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Beitrag vom 01.03.2007
Bebel Gilberto – Momento
Tatjana Zilg
Elegante Bossa Nova Klänge begegnen Electro-Beats, Pop-Melodien und jazzigen Trompeten. Die Weltenwanderin bedient sich stilsicher musikalischer Bezüge aus London, New York und Brasilien ...
In New York City, der Wolkenkratzerstadt mit dem rasant schnellen Tempo, hat die Tochter von Bossa Nova–Legende João Gilberto ihren Hauptwohnsitz. Brasilien bleibt die Heimat ihres Herzens. Das musikalische Esprit Londons führt sie immer wieder in die Nähe der Themse, um ihre magisch schönen Alben aufzunehmen. Dem dritten Solowerk gab sie den treffenden Namen „Momento“: Es besticht mit 11 sanften, graziösen Momentaufnahmen aus dem weiten Blickfeld einer erfahrenen Musikerin, die an vielen Orten zu Hause ist und die Impressionen eines modernen Vagabundentums in herzerfrischende Songperlen verwandelt. Unterstützung bekommt sie dabei von einigen auserlesenen Gleichgesinnten.
Da wäre zum Beispiel Didi Gutman, den Bebel Gilberto im kulturellen Schmelztiegel New York traf. Der Argentinier ist hauptberuflich Mastermind der Brazilian Girls, einer Band, die dem Wort Electro-Jazz viel von seiner Strenge und Verklausuliertheit genommen hat. Mit Bebel Gilberto entwarf er den Dancefloor-Stürmer „Bring Back The Love“, ein federleichter House-Groove, der dem sich katzenhaft anschmiegenden, hauchzarten Gesang der Bossa Nova–Prinzessin ein ganz neues Gesicht verleiht. Dass der Refrain in Englisch gesungen wird, die restlichen Lyrics aber im brasilianischen Portugiesisch, ist etwas gewöhnungsbedürftig. Ohne Frage hat die Sprache des lateinamerikanischen Landes aber einen ganz besonderen Reiz: Weich akzentuiert, poetisch wohlklingend und an Sonne, Meer und Tanz erinnernd. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Texte sich kritisch mit sozialen Themen auseinandersetzen. Brasilien ist auch das Land der extremen Kontraste in Landschaft, Kultur und Sozialstruktur.
Eines der bekanntesten Export-Güter Brasiliens bleibt nach wie vor der Samba mit seinen lebendigen Grundrhythmen, die mit ihrer temperamentvollen Dynamik weltweite Beliebtheit erlangt haben. Gemeinsam mit dem Big Band Orquestra Imperial aus Rio de Janeiro nahm Bebel Gilberto „Tranquilo“ auf. Mit Bläsersätzen und Trommelspiel orientiert sich der Track an Salsa-Blockpartys spanischsprachiger EinwanderInnen in Harlem. Mit dem dazugehörigen Text will sie alle Übel der Welt scheinbar mit einem Schlag beseitigen. Der Angst vor der Armut, dem physischen Schmerz, der Trauer und dem Unbehagen setzt sie im Refrain ein trotziges Statement entgegen: „Ich habe keine Angst vor der Welt und vor dem Tod, ich werde mir keine Sorgen machen.“
„Os Novos Yorkinos“ dagegen erzählt vom Feiern in New York. Die angenehm dahinschwebende Melodie, die von Akustik-Gitarren-Akkorden und einem mehrstimmigen Background-Refrain begleitet wird, könnte aber genauso von einer Strandparty in Rio de Janeiro inspiriert sein.
Das Wechselspiel musikalischer Referenzen zu betonen, ist Bebel Gilberto besonders wichtig. World Music sollte nicht einseitig als Annäherung an die Populärmusik durch die traditionellen Genres der südlichen Kontinente gesehen werden.
„Engländer wie Everything But The Girl oder Gilles Peterson haben sich alle auf brasilianische Musik bezogen. Sie entdeckten Blickwinkel, auf die man in Brasilien selbst womöglich gar nicht gekommen wäre, Os Mutantes haben dasselbe andersherum mit angloamerikanischen Rock veranstaltet. Von solchen Wechselwirkungen profitiert die Musik allgemein.“
AVIVA-Tipp: Ein frühlingshaftes Album, mit dem die ersten sonnigen Tage noch intensiver genossen werden können.
Mehr zu Bebel Gilberto im Netz: www.bebelgilberto.com
Bebel Gilberto
Momento
Label: V2 Records; VÖ März 2007
EAN: 5033197445229
18,49 Euro
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